| Nr. | Datum der Silencing | Institution | Verstummte Person / Organisation | |||||||||||
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| 25.10.2023 | Jüdisches Museum Berlin | 23-10-25_Udi Raz | ||||||||||||
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Summary:
Jüdisches Museum Berlin beendet Zusammenarbeit mit Museumsführerin Udi Raz, weil diese die Menschenrechtssituation im Westjordanland während einer Museumsführung als „Apartheid” bezeichneteAm 25. Oktober 2023 beendete das Jüdische Museum Berlin die Zusammenarbeit mit der freiberuflichen israelischen Museumsführerin Udi Raz, weil sie während einer Führung die Menschenrechtssituation im Westjordanland als „Apartheid” bezeichnet hatte. Raz arbeitete seit April 2023 für das Museum. Sie war dort Spezialistin mit dem Schwerpunkt jüdische Menschen nach 1945 in Deutschland. Während der Touren führte sie die Besucher:innen durch den sogenannten Israel-Raum, eine Sektion des Museums, die den Beziehungen zwischen jüdischen Menschen, Israel und Deutschland gewidmet ist. „Dort beschreibe ich die unterschiedlichen Haltungen der beiden Staaten und ihre bilateralen Beziehungen, angefangen von den 1950er Jahren bis 2008 [...], als Angela Merkel den Schutz Israels zur 'Staatsräson' für Deutschland erklärte.” Sie teilte mit den Besucher:innen auch ihre eigenen Erfahrungen als jüdische Israelin, die jetzt in Deutschland lebt. „Ich sage ihnen, dass ich aus Haifa komme, und frage dann: 'Wo liegt Haifa?' Normalerweise sagen die Besucher:innen entweder Israel oder Palästina oder beides. Ich betone, dass es für mich völlig in Ordnung ist, dass der Ort, aus dem ich komme, mehr als einen Namen hat, denn in Haifa leben auch viele Palästinenser:innen.” Udi thematisierte in ihren Führungen das Westjordanland und erzählte von persönlichen Erfahrungen, als sie dort gemeinsam mit Palästinenser:innen gegen die Grenzmauer demonstrierte. Sie sprach über Diskriminierung, u. a. darüber, dass sie als jüdische Israelin die Mauer überqueren konnte, Palästinenser:innen aber nicht, und darüber, dass Palästinenser:innen in den besetzten Gebieten von der politischen Teilhabe ausgeschlossen seien. In diesem Zusammenhang verwies sie auf Berichte von Organisationen wie Amnesty International, die diese Realität als „Apartheidsystem” bezeichnen. Raz hatte diesen Begriff bei ihren Führungen seit Beginn ihrer Tätigkeit im Museum verwendet. Kurz nach dem 7. Oktober veröffentlichte das Museum eine Erklärung, in der es sich mit Israel solidarisierte. Es versicherte den Mitarbeiter:innen jedoch, dass sie weiterhin über „heikle“ Themen sprechen dürften und keine Angst haben sollten – auch wenn ihre Ansichten von denen des Museums abweichen würden. Deshalb war es überraschend, als Raz am 25. Oktober mitgeteilt wurde, dass sie wegen der Verwendung des Begriffs „Apartheid“ keine weiteren Aufträge erhalten würde. Seitdem hat sich Raz in mehreren Interviews zu ihrer Entlassung und zu den Antisemitismusvorwürfen geäußert, die gegen diejenigen erhoben werden, die Israel kritisieren, einschließlich jüdischer Menschen wie sie selbst: „[...] in einer Situation, wie wir sie gerade erleben, fallen die Masken. [...] Wir wissen genau, wer auf der Seite des Völkerrechts steht, wer für Humanismus steht, wer die Menschenrechte anerkennt – auch die von nichtjüdischen Menschen. Die Art und Weise, wie mit Antisemitismusvorwürfen umgegangen wird, ist an sich schon antisemitisch – zum Beispiel die Behauptung, dass jüdische Menschen nicht in der Lage sind, sich eine Zukunft vorzustellen, in der sie mit Palästinenser:innen in Frieden leben können.”
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