| Nr. | Datum der Silencing | Institution | Verstummte Person / Organisation | |||||||||||
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| 20.11.2023 | Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt | 23-11-20_ Oyoun | ||||||||||||
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Summary:
Berliner Senat streicht Mittel für das Kulturzentrum Oyoun wegen angeblichen „versteckten Antisemitismus”Am 20. November 2023 verkündete der Berliner Kultursenat, dass die Förderung von Oyoun zum Ende dieses Jahres eingestellt wird. Oyoun (Kultur NeuDenken) wurde 2020 als staatlich gefördertes Projekt gegründet. Das Projekt bietet eine intersektionale Plattform für migrantische, dekoloniale und queer-feministische Kunst und Kultur in Berlin und wird von einer Crew aus größtenteils gesellschaftlich marginalisierten Gruppen betrieben. In den letzten Monaten hatte der Senat Druck auf Oyoun ausgeübt, eine von der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost für den 4. November organisierte Veranstaltung abzusagen. Die Jüdische Stimme ist ein jüdischer Verein in Deutschland, der sich für einen gerechten und dauerhaften Frieden zwischen Palästina und Israel einsetzt. Anlässlich ihres 20-jährigen Bestehens und „im Schatten des 7. Oktober, der anhaltenden Bombenangriffe auf Gaza und der entsetzlichen Zahl ziviler Opfer“, sollte die Veranstaltung, angepasst an die aktuelle Situation, ein Abend der „Trauer und Hoffnung“ werden. Auf dem Programm standen Reden, Musik, das traditionelle Essen des jüdischen Trauerrituals Shiva und eine Ausstellung palästinensischer und israelischer Künstler:innen. Als Antwort auf die Forderung des Senats äußerte Oyoun seinen Standpunkt in einer offenen Erklärung: „Angesichts der Trauer und des Schmerzes, die sie derzeit durchleben, nachdem sie Angehörige durch die weithin verurteilten brutalen Morde der Terrororganisation Hamas und der rechten israelischen Regierung verloren haben, werden wir uns dem Druck des Senats nicht beugen. Diese Veranstaltung wird am 4. November stattfinden und einen gemeinsamen Raum der Trauer bieten und es ermöglichen, dass ihre wichtige Arbeit in dieser schwierigen Zeit fortgesetzt werden kann.“ In der Erklärung wird auch die Bedeutung von Oyoun als Kultureinrichtung betont: „Als Kulturorganisation in einem demokratischen Staat wie Deutschland ist es unsere Pflicht, transnationale Solidarität über Grenzen, Rassen, Ethnien, Religionen und Nationalitäten hinweg zu fördern und dafür zu sorgen, dass künstlerische Freiheit und Meinungsfreiheit geschützt, gefördert und aufrechterhalten werden, insbesondere dann, wenn die Umstände am schwierigsten sind. [...] Stoppt den Krieg. Beendet die Besatzung. Beschützt Zivilist:innen auf allen Seiten.“ Obwohl die Veranstaltung wie geplant stattfinden konnte, ist Oyoun nun mit ernsthaften Konsequenzen konfrontiert. Am 31. Oktober appellierte die Grünen-Abgeordnete Susanna Kahlefeld, die Finanzierung von Oyoun einzustellen und warf Oyoun „antisemitisches Verhalten“ und „Täter-Opfer-Umkehr“ vor. Am darauffolgenden Tag kündigte Kultursenator Joe Chialo (CDU) an, er werde den Antrag überprüfen, um „schnell zu einem Ergebnis zu kommen und zu handeln“. Die AfD-Fraktion bedankte sich für die schnelle Reaktion. Am 10. November veröffentlichte Oyoun einen offenen Brief: “Die Absage der Förderung würde das Ende der Meinungsfreiheit und der Kunstfreiheit in Deutschland markieren. [...] Wir fordern den Senat dazu auf, Oyoun weiterhin Mittel zur Verfügung zu stellen und dadurch migrantisches, queer-feministisches und jüdisches Leben in Deutschland zu schützen. Oyoun muss bleiben. Gerade in Deutschland. Gerade jetzt.” Am 20. November gab der Senat für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt schließlich bekannt, dass die Förderung von Oyoun zum Ende des Jahres eingestellt wird und warf Oyoun „versteckten Antisemitismus“ vor. Oyoun, dessen vierjährige Projektförderung für 2022-2025 (Konzeptförderung) vom vorherigen Senat bestätigt wurde, postete am nächsten Tag auf Instagram: „Oyouns Förderung wird gestrichen und der Ort wird geschlossen – nächsten Monat.“
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