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Nr. Datum der Silencing Institution Verstummte Person / Organisation
21.02.2024 CDU, SPD, Masiyot 24-02-21_High school students in Neukölln
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CDU und SPD setzen sich für die Nutzung von geschichtsverfälschenden Broschüren über die Nakba an Neuköllner Schulen ein

Am 21. Februar 2024 beschloss die Bezirksverordnetenversammlung Neukölln einen Antrag der CDU, wonach Neuköllner Oberschulen dazu angehalten werden sollten, eine Broschüre mit dem Titel „Mythos#Israel1948“ zu nutzen. Der Einsatz der Broschüre an Schulen war ausdrücklich empfohlen, aber nicht vorgeschrieben. Die Broschüre war von der Organisation Masiyot verfasst worden, die sich als „Zusammenschluss von Juden und Nicht-Juden mit und ohne Migrationshintergrund“ bezeichnet. Auf ihrer Website gibt Masiyot an, eines ihrer wichtigsten Ziele sei es, Bewusstsein für autoritäre Ideologien zu schärfen.

Das Dokument enthält fünf Aufsätze, in denen jeweils argumentiert wird, dass bestehende Annahmen über Israel falsch seien. In der Broschüre heißt es zum Beispiel, dass die Behauptung, Israel sei eine Siedler:innenkolonie und ein Produkt des westlichen Imperialismus, ein Mythos ist. Stattdessen wird bekräftigt, dass Israel ein antirassistisches, antikoloniales und antifaschistisches Projekt sei. Ein weiterer Aufsatz weist die Behauptung zurück, Israel sei auf gestohlenem palästinensischem Land gegründet worden: „Wenn ein arabischer Großgrundbesitzer also an die Zionisten verkaufte, verloren die bisherigen arabischen Pächter zwar ihr Anrecht auf das Land, bestohlen wurden sie aber nicht. Die Karte kann also nur über den jüdischen Besitz zu jener Zeit Aufschluss geben.“

In einem weiteren Aufsatz wird argumentiert, die Schuld Israels an der Nakba sei ein Mythos. Der Autor des Textes, Shany Mor, behauptet, dass die UNO die Bedeutung des Wortes verzerre und bezeichnet die Einschätzung der UNO als „einseitig“. Mor kommt zu dem Schluss: „Die Ablehnung der Teilung vonseiten der Araber und die darauffolgenden Kriege gegen Israel und schließlich die gesamte Region waren für die Palästinenser die eigentliche Katastrophe.” Darüber hinaus übernimmt die Broschüre die Definition von Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) und nicht die international von Wissenschaftler:innen empfohlene Definition der Jerusalemer Erklärung zu Antisemitismus (Jerusalem Declaration on Antisemitism).

Nach Angaben des rbb (Rundfunk Berlin Brandenburg) stieß der Beschluss zur Verbreitung der Broschüre während einer öffentlichen Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln auf sofortige und lautstarke Ablehnung durch mehrere Anwesende aus dem Publikum. Diese Personen wurden demnach umgehend aus den Räumlichkeiten verwiesen.

Die Neuköllner Linksfraktion forderte die Berliner Landeszentrale für politische Bildung auf, die Förderung des Projekts einzustellen, und stellte einen Änderungsantrag, in dem sie das Bezirksamt aufforderte, die Verbreitung der Broschüre in Neuköllner Schulen zu verhindern. Dieser Änderungsantrag wurde abgelehnt.