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Nr. Datum der Silencing Institution Verstummte Person / Organisation
13.07.2024 behindert und verrückt feiern – Pride Parade Berlin 24-07-13_Protesters
Summary:

behindert und verrückt feiern – Pride Parade Berlin fordert Demonstrant:in wegen eines Palästina-Schals auf, die Parade zu verlassen

Am 13. Juli 2024 nahmen wir, eine Gruppe von behinderten und chronisch kranken Freund:innen, an der behindert und verrückt feiern – Pride Parade in Berlin teil. Kurz nachdem wir angekommen waren, wurde eine:r von uns von einem:einer Ordner:in angesprochen und aufgefordert, den Schal mit palästinensischem Flaggenmuster, der über dem Kinderwagen von deren Baby hing, zu entfernen. Der:Die Ordner:in sagte, dass Flaggen bei der Demo nicht erlaubt seien, um sicherzustellen, dass sich alle sicher und willkommen fühlen. Unser:e Freund:in weigerte sich, den Schal abzulegen. Auf die Frage nach dem Grund antwortete er:sie: „Palästina-Solidarität ist Disability Justice“, und der:die Ordner:in ging weg.

Etwa 20 Minuten später trat eine Gruppe von ca. sechs Ordner:innen erneut an unsere:n Freund:in heran und forderte ihn:sie auf, den Schal für die „Sicherheit und das Wohlbefinden“ von „allen“ zu entfernen. Unser:e Freund:in erklärte, dass er:sie den Schal nicht abnehmen würde und dass die Ordner:innen uns mit der Aufforderung, den Schal abzunehmen, ein unwohles und unsicheres Gefühl geben würden. Der:Die Ordner:in stellte sich als Organisator:in der Parade vor und erklärte, dass es einen langen kollektiven Entscheidungsprozess gegeben habe, um sich zu diesem Thema zu einigen. Unser:e Freund:in sagte, dass die Parade absolut nicht wie behauptet „alle“ repräsentiere, und die Organisator:innen baten sie:ihn zu gehen.

Einige Mitglieder des Organisationsteams sprachen Personen mit Kufiya an und forderten sie auf, die Kufiya abzulegen. Sie erklärten, dass dies ihre Regel sei und sie keine Probleme mit der Polizei haben wollten.

Später erfuhren wir von Freund:innen, die in einem anderen Teil der Parade waren, dass jemand sie angegriffen hatte. Sie hielten ein Schild mit der Aussage: „Russischer Krieg in der Ukraine macht Menschen gewaltsam behindert“ und „Queere Crips für Palästina“. Der:die Angreifer:in kam sehr nah an sie heran und versuchte, ihnen das Plakat wegzunehmen, wobei er:sie rief: „Wir haben gesagt, keine Fahnen und keine politischen Aussagen!“. Sie erklärten, dass diese Slogans Teil von Disability Justice seien. Der:Die Angreifer:in ging dann weg, beobachtete sie aber weiter aus der Ferne. Während der Parade sahen sie viele gewalttätige Übergriffe auf Crip-Kamerad:innen, die sich für Disability Justice einsetzten.

Viele Kamerad:innen verließen die Demo vorzeitig, da sie sich aufgrund der repressiven Kontrolle auf der gesamten Strecke unsicher fühlten. Gegen Ende der Route forderte ein:e Ordner:in die Protestierenden auf, schneller zu laufen, weil sie sich in der Nähe der Polizei befanden. Als erklärt wurde, dass es ableistisch sei, behinderte Menschen zu bitten, schneller zu laufen, räumte der:die Ordner:in zwar ein, dass nicht jede:r schnell laufen kann, sagte aber, sie wollten Probleme mit der Polizei vermeiden.

Wir verließen alle die Parade.

Place of Silencing: Berlin
Type of Institution: Other
Institution: behindert und verrückt feiern – Pride Parade Berlin