Crowdsourced-Archiv, das die zum Schweigen gebrachten Stimmen in Deutschland dokumentiert.
Nr. Datum der Silencing Institution Verstummte Person / Organisation
22.10.2024 Kultur- und Kreativpilot:innen Deutschland, u-institut 24-10-22_Cinelogue
Summary:

Kultur- und Kreativpilot:innen Auszeichnung wird Cinelogue nach Diskussion über Palästina-Solidaritätserklärung entzogen

Anfang Juli 2024 kontaktierte Kultur- und Kreativpilot:innen Deutschland uns (Cinelogue) über Instagram und ermutigte uns, uns für ihre jährliche Auszeichnung zu bewerben, die kreative Unternehmen oder Gründer:innen in Deutschland würdigt. Cinelogue ist eine kuratierte Streaming-Plattform, die sich dem Kino der globalen Mehrheit, der gemeinschaftlichen Kuratierung und dem kritischen Dialog widmet. Wir arbeiten grundsätzlich nicht mit der deutschen Regierung oder staatlich geförderten Institutionen auf kuratorischer Ebene zusammen. In Anbetracht unserer derzeitigen finanziellen Situation schien die Annahme einer Auszeichnung, die uns ein Jahr lang kostenloses Mentoring bietet, jedoch eine erwägenswerte Option zu sein. Cinelogue arbeitet unter sehr prekären Umständen, seit fast zwei Jahren ohne Förderung, und wir brauchen jede verfügbare Unterstützung. Nach Rücksprache mit dem Kernteam beschloss ich, mich zu bewerben.

Mitte September wurde ich darüber informiert, dass Cinelogue für die Auszeichnung ausgewählt worden war. Die Nachricht war überraschend, insbesondere angesichts der politischen Haltung von Cinelogue zu Palästina. Trotz widersprüchlicher Gefühle entschied ich mich, die Auszeichnung anzunehmen, mitsamt der Ungewissheit, wie ich sie handhaben sollte. Ich räumte ein, dass dieser interne Konflikt Teil unserer Realität in Deutschland ist, und wusste, dass Cinelogue die Unterstützung durch das Mentoring brauchte.

Am 22. Oktober erhielt ich dann einen Anruf von der Projektleiterin der Kultur- und Kreativpilot:innen, die ich Anfang September bei den Juryrunden kennengelernt hatte. Sie teilte mir mit, dass bestimmte Formulierungen in den öffentlichen Statements von Cinelogue gegen den Verhaltenskodex des u-instituts, welches das Projekt leitet, verstoßen würden. Sie fragte mich, ob ich am nächsten Tag an einem Zoom-Meeting mit zwei weiteren Vertreter:innen von The Impact Company teilnehmen könnte, die als deren Awareness-Team fungieren. Während des Gesprächs teilten sie mir mit, dass sie beschlossen hätten, Cinelogue die Auszeichnung zu entziehen. Als Grund für ihre Entscheidung hoben sie bestimmte Sätze in Cinelogues Palästina-Solidaritätserklärung hervor, die Anfang Juni auf Instagram veröffentlicht wurde – insbesondere jene, in denen für die Abschaffung des Zionismus plädiert und dieser als Fortsetzung des Kolonialismus beschrieben wird. Diese Aussagen stünden im Widerspruch zum Verhaltenskodex des u-instituts, da sie ihrer Ansicht nach diskriminierende Implikationen gegenüber einer Bevölkerung oder einer bestimmten Gruppe von Menschen beinhalteten.

Ich erklärte, dass unsere Äußerung auf eine Ideologie und nicht auf eine bestimmte Bevölkerung abzielt und dass der Zionismus einen Rahmen darstellt, innerhalb dessen ein Völkermord verübt wird. Letztendlich bekundete ich, dass es vielleicht das Beste sei, getrennte Wege zu gehen, und dass dies nur eine Bestätigung meines bestehenden Unbehagens war, die Auszeichnung überhaupt erst anzunehmen. Einige Tage nach dem Gespräch bat ich um eine schriftliche Erklärung zu ihrer Entscheidung, die Auszeichnung zurückzuziehen, habe jedoch keine Antwort erhalten.

Institution: Kultur- und Kreativpilot:innen Deutschland, u-institut
Identity of Silenced Person: BIPoC